Forderung nach finanziellen Verbesserungen für jüdische Zugewanderte

03. 03. 2022
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Die Verbesserung der sozialen Lage alternder Zuwanderinnen und Zuwanderer ist ein wichtiges Anliegen für die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland und den Zentralrat der Juden. Hierzu werden seit vielen Jahren politische Gespräche geführt und Gesetzesinitiativen angestoßen, mit dem Ziel, die jeweiligen Bundesregierungen zu einer Verbesserung der sozialen Lage der jüdischen Zuwanderinnen und Zuwanderer zu bewegen.

Häufig wird eine pauschale Gleichstellung der jüdischen Zuwanderinnen und Zuwanderer mit den im gleichen Zeitraum zugewanderten Spätaussiedler:innen gefordert, die Rentenansprüche nach dem Fremdrentengesetz in Anspruch nehmen können. Nach aktueller Rechtslage sind jüdische Zuwanderinnen und Zuwanderer von Leistungen nach dem Fremdrentengesetz ausgeschlossen, obwohl auch ihre Aufnahme in der Verantwortung vor der deutschen Geschichte begründet liegt.

Trotz Parallelen gibt es rechtliche Unterschiede zwischen den beiden Gruppen.

Unterschiedliche verwaltungsrechtliche Bewertung der Zugewanderten und Spätaussiedler

Spätaussiedler:innen gelten als „Deutsche“ im Sinne des Bundesvertriebenengesetzes. Sie erhalten Leistungen nach dem Fremdrentengesetz. Das Fremdrenten- und Auslandsrentengesetz war ursprünglich als Übergangsregelung und Entschädigungsgesetz gedacht. Berechtigte werden so behandelt, als hätten sie ihr Versicherungsleben nicht im Herkunftsland, sondern in Deutschland verbracht.

Aussiedler:innen mit Zuwanderungsdatum nach dem 06.05.1996 erhalten nur noch maximal 25 Rentenpunkte nach dem Fremdrentengesetz und sind damit vielfach auf eine Aufstockung durch die Grundsicherung im Alter angewiesen.

Eine Gleichsetzung der jüdischen Zuwanderinnen und Zuwanderer würde die nach dem Stichtag eingereisten Menschen in der Grundsicherung belassen. Zudem würde es für einen Großteil der vorher eingereisten jüdischen Zuwanderinnen und Zuwanderer auch keine spürbaren finanziellen Verbesserungen bewirken.

Der Versuch politischer Initiativen, eine deutsche Staatsangehörigkeit durch die jüdischen Wanderungsbewegungen des Mittelalters zu konstruieren und jüdische Zuwanderinnen und Zuwanderer und Spätaussiedler:innen gleichzusetzen, wurde seitens der letzten drei Bundesregierungen als nicht nachvollziehbar betrachtet.

In den kommenden Jahren wird es eine Reform des Entschädigungsrechts geben, die im Sozialgesetzbuch XIV münden wird. Das bisher gültige Entschädigungsrecht beruhte auf dem Bundesversorgungsgesetz aus dem Jahr 1950, welches für Kriegsgeschädigte, ihre Angehörigen und Hinterbliebenen geschaffen wurde. Das SGB XIV wird schrittweise bis 2024 das Bundesversorgungsgesetz sowie das Opferentschädigungsgesetz ablösen.

Doch jüdische Kontingentflüchtlinge werden bei dieser Neuregelung des Rechts auf soziale Entschädigung nicht berücksichtigt. Es mangelt an Unterstützung von der Bundesregierung. Denn das SGB orientiert sich in erster Linie an den Bedürfnissen der Opfer von Gewalttaten und Terrorismus. Kontingentflüchtlinge fallen aber nicht in diese Kategorie, da sie aus humanitären Gründen aufgenommen wurden.

Gegen Altersarmut vorgehen mittels Härtfallfond

Für die jüdische Gemeinschaft ist die Altersarmut deutlich bedrohlicher als für andere Bevölkerungsteile: Denn während rund 2,4 Prozent der deutschen Rentner:innen auf Leistungen der Grundsicherung im Alter angewiesen sind, liegt die Quote bei den jüdischen Zuwanderinnen und Zuwanderer mit über 50 Prozent um ein Vielfaches höher.

Eine angemessene Einmalzahlung, die steuerfrei und anrechnungsfrei auf Transferleistungen erfolgt, soll die Lebensleistung der Zuwanderinnen und Zuwanderer und die historische Verantwortung für die Wiederherstellung jüdischen Lebens in Deutschland berücksichtigen. Die jüdischen Zuwanderinnen und Zuwanderer haben hierzu, teils unter deutlicher Verschlechterung ihrer sozialen Situation, einen erheblichen Beitrag geleistet.

Die Anerkennung dieser Leistung und Härten durch die zum Zuwanderungszeitpunkt nicht ausreichend ausgestalteten Möglichkeiten der sozialen Integration sollen im Rahmen einer Härtefallregelung gewürdigt werden. Bei einer adäquaten Höhe der Härtefallregelung ließe sich auch ohne Reaktivierung des Fremdrentenrechts der gleiche finanzielle Effekt erzielen. Der Abstand zwischen der Mindestleistung im Fremdrentenrecht und der Grundsicherung im Alter beträgt rund 42 Euro monatlich. Bei einem angenommenen Rentenbezug von 20 Jahren entspräche die Kompensation einem fünfstelligen Betrag in Form eines Härtefallfonds, den die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden, der Zentralrat der Juden und Teile der Politik fordern.

Die Verknüpfung der ursprünglich als Blaupause gedachten Regelung für Härtefälle in der Überleitung von DDR-Renten in eine gemeinsame Verwaltungsvorlage stellt ein Hemmnis dar.

Einige Bundesländer sehen es kritisch, sich finanziell an einem Verfahren zu beteiligen, das Fehler des Bundes ausgleichen soll. Die jüdischen Zuwanderinnen und Zuwanderer werden dabei zur Spielmasse einer finanziellen Auseinandersetzung zwischen Bund und Ländern.

Aufgrund des hohen Alters der Zugewanderten stehen alle Beteiligten in der Verantwortung, noch zu deren Lebzeiten eine zeitnahe und politisch umzusetzende Lösung zu finden. Daher setzt sich die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland für eine zeitnahe Umsetzung der Härtefallfonds-Lösung in Form einer angemessenen Zahlung ein, die steuerfrei und anrechnungsfrei auf Transferleistungen erfolgt.

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