Kein guter Tag für die Freiheit – Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union

28. 11. 2023
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Der EuGH hat heute über das Tragen religiöser Zeichen am Arbeitsplatz geurteilt. Eine öffentliche Verwaltung kann entscheiden, all ihren Beschäftigten das Tragen religiöser Zeichen zu verbieten.
Kein guter Tag für die Religionsfreiheit kommentiert Volker Beck.

Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat einen wenig freiheitlichen Begriff von Religionsfreiheit.

„Eine öffentliche Verwaltung kann das sichtbare Tragen von Zeichen, die weltanschauliche oder religiöse Überzeugungen erkennen lassen, verbieten, um ein vollständig neutrales Verwaltungsumfeld zu schaffen. Eine solche Regel ist nicht diskriminierend, wenn sie allgemein und unterschiedslos auf das gesamte Personal dieser Verwaltung angewandt wird und sich auf das absolut Notwendige beschränkt.[1]

Der Gerichtshof setzt die Neutralität des Staates in seinem Urteil über die Religionsfreiheit, statt sie in der religiösen und weltanschaulichen Pluralität seiner Bediensteten und ihres weltanschaulich neutralen Handelns zu erkennen. Das Urteil betrifft Kopftuch, Kippa, Dastar und Ordenshabbit, und nicht nur das Zeigen von Kreuz, Magen David oder Schahada. 

Das Gericht urteilt im Trend der sich immer weiter säkularisierenden Gesellschaften. Religion wird nicht mehr als soziales und den Menschen umfassend bestimmenden Phänomens verstanden. Die Neutralität wird als sterile, bürokratische Gleichheit und nicht als Gleichheit in der Verschiedenheit verstanden.

Das Urteil dürfte auf Deutschland keine Auswirkungen haben. Das Urteil gibt den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union mehr Spielraum im Rahmen ihrer verfassungsrechtlichen Ordnung:

Die Glaubensfreiheit in Deutschland hat im Grundgesetz eine stärkere Stellung als auf europäischer Ebene. Es ist ein Grundrecht ohne Gesetzesvorbehalt und kann nur durch andere Verfassungsgüter beschränkt werden. 

Das Bundesverfassungsgericht hat den Staat als Heimstatt aller Bürger definiert, hierzu gehören gläubige Juden, Christen und Muslime wie Sikh, Buddhisten oder Hindus.

Fußnoten

Fußnoten
1 Pressemitteilung des EuGH Nr. 181/2023 am 28.11.2023, Tragen religiöser Zeichen am Arbeitsplatz: Eine öffentliche Verwaltung kann entscheiden, allen ihren Beschäftigten das Tragen solcher Zeichen zu verbieten, unter: https://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2023-11/cp230181de.pdf (abgerufen am 28.11.2023).

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